Zum zweiten Mal lud der Sozialdienst für Gehörlose, Hörgeschädigte und deren Angehörige des Caritasverbandes für die Regionen Fulda und Geisa zu einem Themenabend ein. Ziel des neuen Konzeptes ist es, gleichermaßen junge und ältere Gehörlose, Schwerhörige, hörende Verwandte von Gehörlosen, hörende Teilnehmer von Gebärdensprachkursen und CI-Träger anzusprechen. Der neue Begriff INKLUSION, soll hier erfahrbar gemacht und mit Leben gefüllt werden. Es geht nicht mehr darum die eine Gruppe in die andere Gruppe zu integrieren, sondern ein Angebot zu schaffen, dass für alle interessierten Menschen gleichermaßen angenommen werden kann. Das verbindende an den Themenabenden ist nach wie vor die Gebärdensprache und die vielschichtige und sorgfältige Kommunikation – gemessen an den Bedürfnissen jedes einzelnen Besuchers.
Der aktuelle Themenabend hatte das Leben von gehörlosen Menschen vor und während des Nationalsozialismus zum Inhalt. Anfang der 30-er Jahre waren mehr als 80% der Gehörlosen arbeitslos. Mit einem Film wollte der Verband der Gehörlosen etwas für das Ansehen der „Taubstummen“ in der Öffentlichkeit tun. 1932 wurde der Film „Verkannte Menschen“ vorgestellt; doch bevor der Film kopiert und überall in Deutschland gezeigt werden konnte, kamen die Nazis an die Macht. Der Film wurde verboten, weil er nicht in die Ideologie passte und alle vorhandenen Kopien wurden vernichtet. Bis auf eine Kopie, als herausragendes historisches Zeugnis, heimlich gerettet und vor kurzer Zeit digitalisiert und als DVD der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Die Teilnehmer des Themenabends waren überrascht, wie modern dieser Film von 1932 wirkte. Auch heute ist es wichtig, ein positiveres Bild von Gehörlosen in der Öffentlichkeit zu zeigen. Dass einige Botschaften des Filmes mittlerweile überholt sind, z.B. die Ausschließlichkeit von oraler Erziehung, störte in der Gesamtaussage des Films nicht. Ein Teilnehmer meinte: „Es geht nicht darum zu zeigen was wir nicht können, sondern zu zeigen war wir können!“ In der anschließenden Diskussion kamen sich „Hörende“ und „Gehörlose“ durch Fragen, - wie z.B.: Wie kommen Gehörlose heute zu Ihrer Berufsausbildung? Gibt es besondere Berufe? Welche Schwierigkeiten gibt es? – näher.
Im zweiten Teil des Abends wurde eine kurze Dokumentation über Gehörlosenvereine während der Nazi-Zeit in Österreich (es gab keinen wesentlichen Unterschied zu Deutschland) in österreichischer Gebärdensprache gezeigt. Der Kurzfilm wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes der Universität Wien produziert. Die Aussagen im Film haben gezeigt, dass auch jüngere Gehörlose betroffen waren und dass dieses Thema noch einmal sehr viel intensiver besprochen werden muss. Bevor der Abend beendet wurde, wurden noch einige Buchempfehlungen zu diesem Thema vorgestellt und Werner Althaus lud alle Anwesenden zum nächsten Themenabend in die Caritas-Begegnungsstätte am 01. April 2011 ein.