FULDA (hey) „Früher haben wir uns sehr geschämt, heute sind wir unglaublich erleichtert“, antwortet Rosi Krämer* auf die Frage, wie es ihr und ihrem Mann im Moment geht. Denn beruflich und privat haben die Krämers, die 15 Jahre als Gastronomen selbstständig waren, eine regelrechte Achterbahnfahrt hinter sich.
Nach einem kontinuierlichen Wechsel von bergab und bergauf, nahm die geschäftliche Talfahrt irgendwann kein Ende mehr. Weil die Einnahmen der Krämers viel zu lange nicht im richtigen Verhältnis zu den Ausgaben standen, steckte das Ehepaar im Jahr 2008 bis zum Hals in Schulden.
bei der AWO bzw. Caritas Menschen, die einen Weg aus den Schulden suchen
„Wir wollten unsere Schulden begleichen, konnten den Gläubigern aber immer nur kleinere Beträge zahlen. Damit waren meistens nur die Bearbeitungs- und Mahnge-bühren beglichen, aber noch keine Schulden getilgt“, erinnert sich Ernst Krämer*. Nach dem Scheitern der Selbstständigkeit war der 65-Jährige in Rente gegangen. Seine Ehefrau nahm einen Job als Putzfrau im Altenheim an.
„Wir haben gezahlt, gezahlt und gezahlt, aber wir hatten ja gar keinen Durchblick mehr. Ständig flatterten neue Rechnungen und Mahnungen ins Haus. Irgendwann wollten wir uns gar nicht mehr damit beschäftigen und haben die Post nur noch zur Seite geschmissen“, sagt die 53-Jährige, die nach einer langwierigen Erkrankung derzeit arbeitslos ist.
„Als dann auch noch pausenlos die Konten gepfändet wurden, war das für uns der Horror. Wir haben uns so unbeschreiblich geschämt. Aber wir haben zu diesem Zeitpunkt auch eingesehen, dass wir professionelle Hilfe brauchen, um einen Weg aus den Schulden zu finden“, betonen die Krämers. Auf Empfehlung eines Bekannten hätten sie im Frühjahr 2010 einen Termin bei der Schuldnerberatung der Caritas vereinbart.
Sowohl die Schuldnerberatung des Caritasverbandes für die Regionen Fulda und Geisa e.V. als auch die Schuldnerberatung des Kreisverbandes der Arbeiterwohlfahrt Fulda e.V. (AWO) beraten und begleiten Menschen in finanziellen Notlagen. Beide Einrichtungen sind anerkannte Beratungsstellen und zudem im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung des Landkreises Fulda tätig, um beispielsweise Hartz-IV-Empfänger, die aufgrund einer Schuldenproblematik als schwer vermittelbar gelten, zu beraten. .
„Für die meisten Menschen bedeutet es eine große Überwindung, die finanzielle Situation offen zu legen und Hilfe in Anspruch zu nehmen“, weiß Rechtsanwältin Marion Schütz, die als Schuldnerberaterin bei der Caritas tätig ist. Daher sei es wichtig, dass der Klient Hilfe bei seriösen Anbietern suche und Vertrauen zum Berater habe. Sowohl bei der Caritas als auch bei der AWO ist die Schuldnerberatung kostenlos. Beide Einrichtungen verfügen über mehrere Berater mit juristischem oder sozialpädagogischem Hintergrund sowie einer gesonderten Ausbildung zum Schuldnerberater.
Fünf Mal hat das Ehepaar Krämer die Beratungsstelle aufgesucht. Dann war klar, wie hoch die Schulden wirklich sind, wie die Einnahme- und Ausgabesituation aussieht und welche Maßnahmen zur Schuldenregulierung möglich bzw. notwendig sind. Für Marion Schütz und ihre Kollegin Miriam Sturm, die als Schuldnerberaterin bei der AWO tätig ist, sind die Krämers ein Musterbeispiel. „Wir erleben es ganz selten, dass Klienten kaufmännisch vorgebildet und so gut strukturiert und organisiert sind“, weiß die Fachanwältin.
Pro Quartal beraten AWO und Caritas zwischen 100 und 200 Klienten. Davon vermitteln die Fallmanager des Amtes für Arbeit und Soziales bis zu 30 Klienten. „Die Schuldner-beratung hat sich aus unserer Sicht als flankierende Maßnahme für die Jobvermittlung bewährt“, betont die beim Kreisjobcenter für Schuldnerberatung zuständige Fallmanagerin Barbara Groß. „Denn wenn Schulden auf die Seele drücken und Lohnpfändungen drohen, sind das ganz schlechte Ausgangsbedingungen für Arbeitsuchende und potenzielle Arbeitgeber.“
Dass die Schuldnerberatung nicht nur das Selbstwertgefühl stärken, sondern auch neue Lebens- und Berufsperspektiven geben kann, hat das Ehepaar Krämer am eigenen Leib erfahren. „Wer weiß, wo wir heute wären, hätten wir uns nicht beraten lassen“, überlegt Rosi Krämer laut, bevor sie ihren Mann ansieht und mit hörbarer Erleichterung in der Stimme sagt: „Heute kommen keine Briefe mehr ins Haus und die Konten werden nicht mehr gepfändet. Das ist einfach nur toll und vor allem sehr beruhigend.“
*(Namen v.d. Redaktion geändert)
Kontakt:
Schuldner- und Insolvenzberatung
Caritasverband für die Regionen Fulda und Geisa e.V.
Wilhelmstr. 8
36037 Fulda
Tel. 0661 / 2428 - 320
Sprechzeiten:
offene Sprechstunde
Mittwoch: 9 – 11 Uhr
und nach Vereinbarung
Text: Dorit Heydenreich