Für ein Jahr besuchte er die Internatsschule in Thüne bei Osnabrück, wechselte anschließend in die Gehörlosenschule nach Köln, wie zu dieser Zeit Einrichtungen für hörgeschädigte Menschen genannt wurden und ging vom 12. bis 14. Lebensjahr in die Städtische Volksschule in Fulda. Im elterlichen Betrieb arbeitet Hans - Joachim Köhler als Bäckergehilfe, konnte jedoch eine Bäckerlehre wegen der bestehenden Kommunikationsschwierigkeiten nicht antreten. In der Fuldaer Firma Steinweller absolvierte der Jubilar eine Ausbildung zum vermessungstechnischen Zeichner. Er erstellte die Lagezeichnungen und Höhenprofile für die Ferngasleitungen der Regierung, beispielsweise in Raum Salzgitter, bildete Lehrlinge aus und hatte, wie er selbst berichtet viel Arbeit in den Kriegsjahren. Beim Bombenangriff auf Fulda im Herbst 1944 wurden die Bürogebäude der Firma Steinweller zerstört und sein Elternhaus von Bomben schwer beschädigt. Hans - Joachim Köhler wurde verschüttet. Bei seiner Gefangennahme durch die Amerikaner schützte ihn sein Ausweis „nicht kriegsverwendungsfähig“ vor der Internierung. Nach dem Krieg studierte er drei Jahre an der Werkkunstschule in Offenbach Kalligraphie und schloss mit der staatlichen Abschlussprüfung als Diplom – Designer ab. Hans Joachim Köhler nahm eine Beschäftigung bei der damaligen Aktiendruckerei Parzeller , heute Unternehmensgruppe Parzeller, an, musste jedoch noch eine zweijährige Ausbildung als Schriftsetzer absolvieren, um dort als Graphiker arbeiten zu können und ging nach 32 Jahren Betriebszugehörigkeit in den wohlverdienten Ruhestand.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagierte sich Hans - Joachim Köhler, der seit dem Jahre 1954 mit Florence Jestädt aus Fulda verheiratet war, im im Jahre 1928 gegründeten katholischen Gehörlosenverein „St. Bonifatius“, dessen Vorsitzender er im Dezember 1945 im Alter von 21Jahren wurde. Nach 65 Jahren gab er dieses Amt in jüngere Hände. Er war zudem mehrere Jahre Vorsitzender des katholischen Gehörlosenverbands Deutschland (VKGD) und von 1982 bis 1992 Verbindungsmann zum Deutschen Gehörlosen – Bund. Für seine Fachkompetenz und seinen großen ehrenamtlichen Einsatz für Menschen mit Hörschädigung erhielt er den päpstlichen Orden „pro ecclesia et pontifice“, den Ehrenbrief des Landes Hessen, die Verdienstmedaille des Bistums Fulda, das Goldene Flammenkreuz der Caritas und die Ehrenmedaille in Gold der Stadt Fulda.
Zu seinen Hobbies zählen u. a. die Mitgliedschaft im Weinhistorischen Konvent Fulda und die Kalligraphie. So hat er die Grundlage für verschiedene Wappen der Stadt Fulda, der Fuldaer Bischöfe, des Bistums und des Gehörlosenvereins geschaffen und seine Kunst in einer Ausstellung im Herz – Jesu – Krankenhaus präsentiert.
Er schrieb Gedichte, unter anderem über seine Heimatstadt Fulda und nimmt mit großer geistiger Frische am Geschehen in Fulda und der Arbeit mit hörgeschädigten Menschen teil. Die Fuldaer Zeitung und die Gehörlosenzeitschrift „Ephata“gehören zu seiner Lektüre. Zu seinem 90. Geburtstag, den er im Altenzentrum St. Josef feiern wird, gratulieren neben Vereins- und Verbandsvertretern vier Kinder, acht Enkel und zwei Urenkel.
FULDA
Heimatstadt, ich grüße dich!
Wenn ich von dir träume
Geh ich durch die engen Gassen,
durch die weiten Räume.
Steinweg, Markt- und Friedrichstraße,
Domplatz, Abtstor, Tränke –
Mir wird um das Herz so warm,
wenn ich an dich denke.
Meine Stadt! Ich hab dich gern!
Kann dein nicht vergessen.
Wurdest du doch ausgewählt:
„Schönste Stadt von Hessen“.
Über deine Dächer hin
Grüßt der Dom von ferne.
Stadt, wo ich geboren bin –
Über dir die Sterne!
Hans-Joachim Köhler